Psychischer Arbeitsschutz in Deutschland: Eine wachsende Herausforderung

Lea Stupan
Oct 2024

Psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch

Eine Studie der DAK aus dem Jahr 2023 zeigt, dass psychische Erkrankungen inzwischen einen der Hauptgründe für Krankschreibungen darstellen. Besonders stark betroffen sind dabei junge Erwachsene, insbesondere die Altersgruppe der 24- bis 29-Jährigen, die den größten Anstieg an Krankmeldungen aufgrund psychischer Erkrankungen verzeichnet. Diese Entwicklung ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, sondern spiegelt auch globale Trends wider. Besonders beunruhigend ist die Situation im Gesundheitswesen, wo Beschäftigte häufig mit emotionalem Stress und Überforderung konfrontiert sind.

Ein weiterer Bericht des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2020 zeigt, dass jeder vierte Erwerbstätige in Deutschland von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz betroffen ist. Ursachen dafür sind unter anderem hoher Zeitdruck, Arbeitsüberlastung und schlechte Kommunikationsstrukturen in den Unternehmen. Die Belastung betrifft nicht nur einfache Angestellte – Führungskräfte und Wissenschaftler sind überdurchschnittlich stark betroffen. Sie stehen oft vor der Herausforderung, hohe Erwartungen zu erfüllen und gleichzeitig ihre eigene psychische Gesundheit zu wahren.

Ursachen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz

Die Ursachen für psychische Belastungen sind vielfältig. Einer der größten Faktoren ist der zunehmende Druck, der durch leistungsorientierte Arbeitsplatzkulturen entsteht. Viele Mitarbeitende fühlen sich überfordert, da sie ständig erreichbar sein müssen und oft die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben schwer fällt. Dies wurde während der COVID-19-Pandemie besonders deutlich, als Homeoffice und mobiles Arbeiten zur Norm wurden. Während diese flexible Arbeitsweise für viele Menschen Vorteile bietet, führt sie gleichzeitig zur sogenannten „Entgrenzung der Arbeit“.

Mitarbeitende können nicht mehr klar zwischen Arbeit und Freizeit unterscheiden, was zu sozialer Isolation, Stress und psychischer Erschöpfung führen kann. Darüber hinaus sind Arbeitsüberlastung, mangelnde Wertschätzung und Konflikte mit Vorgesetzten oder Kollegen weitere wesentliche Stressfaktoren. Ein schlechtes Betriebsklima und fehlende Kommunikationsstrukturen tragen ebenfalls dazu bei, dass Mitarbeitende sich psychisch belastet fühlen. In vielen Unternehmen fehlt es an offenem Dialog über psychische Gesundheit, was dazu führt, dass Betroffene oft erst spät oder gar nicht Hilfe suchen.

Psychische Gesundheit als unternehmerische Verantwortung

Angesichts dieser alarmierenden Entwicklungen müssen Unternehmen proaktiv werden, um die psychische Gesundheit ihrer Beschäftigten zu schützen. Studien zeigen, dass psychische Belastungen nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden beeinträchtigen, sondern auch die Leistungsfähigkeit von Unternehmen negativ beeinflussen. Hohe Krankenstände, sinkende Produktivität und eine erhöhte Fluktuation gehören zu den wirtschaftlichen Folgen, die Unternehmen teuer zu stehen kommen. Unternehmen haben nicht nur eine ethische Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitenden, sondern auch ein wirtschaftliches Interesse daran, für ihre psychische Gesundheit zu sorgen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es zudem entscheidend, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das Mitarbeitende nicht nur anzieht, sondern auch hält.

Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz

Um den psychischen Arbeitsschutz zu verbessern, gibt es verschiedene Ansätze, die Unternehmen verfolgen können. Eine der zentralen Maßnahmen ist die Prävention. Präventive Maßnahmen zielen darauf ab, psychischen Belastungen vorzubeugen, bevor sie zu ernsthaften Erkrankungen führen. Resilienz, also die Fähigkeit, in stressigen und belastenden Situationen stabil zu bleiben, ist eine wesentliche Kompetenz, die Mitarbeitende in einer zunehmend fordernden Arbeitswelt benötigen.

Unternehmen können durch Resilienz-Workshops ihre Mitarbeitenden darin schulen, besser mit Stress umzugehen und ihre psychische Widerstandsfähigkeit, zu stärken. Studien zeigen, dass resiliente Mitarbeitende weniger anfällig für Burnout und andere stressbedingte Erkrankungen sind. Solche Schulungen vermitteln Techniken, um sich emotional zu regulieren, Herausforderungen gelassener zu begegnen und Konflikte besser zu bewältigen. Eine weitere präventive Maßnahme sind Stressmanagement-Seminare, die Mitarbeitenden helfen, den Arbeitsstress besser zu bewältigen. Diese Seminare beinhalten unter anderem Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, Atemübungen und Achtsamkeitstraining.

Diese Techniken können dabei helfen, Stress in akuten Situationen zu reduzieren und langfristig einen gesünderen Umgang mit Belastungen zu erlernen. Auch regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung spielen eine wichtige Rolle im Stressabbau. Ein gutes Betriebsklima ist entscheidend für die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Eine offene, transparente und respektvolle Kommunikation im Unternehmen kann dazu beitragen, Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden. Besonders wichtig ist hierbei die Rolle der Führungskräfte. Sie sollten als Vorbilder für eine gesunde Kommunikation fungieren, aktiv zuhören und sich um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden kümmern.

Regelmäßige Feedbackgespräche und eine klare Zielsetzung helfen den Mitarbeitenden, ihre Aufgaben besser zu strukturieren und sich weniger überfordert zu fühlen. Flexible Arbeitszeitmodelle sind eine weitere effektive Maßnahme zur Förderung der psychischen Gesundheit. Die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten oder die Arbeitszeiten flexibel zu gestalten, gibt den Mitarbeitenden mehr Kontrolle über ihre Zeit und hilft dabei, Stress zu reduzieren. Dies trägt maßgeblich zur Work-Life-Balance bei und kann Überlastung und Erschöpfung vorbeugen.

Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig diese Flexibilität für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden ist. Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, profitieren nicht nur von einer gesünderen Belegschaft, sondern auch von zufriedeneren und produktiveren Mitarbeitenden. Die betriebliche Gesundheitsförderung ist ein umfassender Ansatz, der sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden fördert.

Maßnahmen wie Fitnessprogramme, Ernährungsberatung und Entspannungskurse tragen dazu bei, das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu verbessern. Im Rahmen der BGF sollten auch psychische Gesundheitschecks und Beratungsangebote etabliert werden, um Mitarbeitenden frühzeitig Unterstützung bei psychischen Belastungen zu bieten.

Die Rolle der Digitalisierung in der psychischen Gesundheitsförderung

Mit der fortschreitenden Digitalisierung ergeben sich auch neue Möglichkeiten zur Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz. Digitale Gesundheitsplattformen, Apps und Online-Coaching-Programme bieten den Mitarbeitenden die Möglichkeit, von überall aus auf psychologische Beratung und Stressmanagement-Tools zuzugreifen. Diese digitalen Lösungen sind flexibel, anonym und ermöglichen es den Mitarbeitenden, sich Unterstützung zu holen, ohne den persönlichen Kontakt suchen zu müssen – ein Vorteil, der insbesondere für Menschen, die ungern über ihre psychischen Probleme sprechen, von großer Bedeutung ist.

Der Wert eines gesunden Arbeitsumfelds für Unternehmen

Ein Unternehmen, das in die psychische Gesundheit seiner Mitarbeitenden investiert, profitiert von einer gesünderen und motivierteren Belegschaft. Psychisch gesunde Mitarbeitende sind produktiver, fehlen seltener und sind loyaler gegenüber ihrem Arbeitgeber. Eine gesunde Belegschaft trägt somit nicht nur zur Wertschöpfung des Unternehmens bei, sondern auch zu dessen Reputation als attraktiver Arbeitgeber. In Zeiten des Fachkräftemangels kann dies ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

Darüber hinaus zeigen Studien, dass Unternehmen, die in den psychischen Arbeitsschutz investieren, langfristig von niedrigeren Krankheitsraten und einer geringeren Fluktuation profitieren. Dies reduziert nicht nur die Kosten für Krankheitsausfälle, sondern auch die Rekrutierungskosten, da gesunde Mitarbeitende dem Unternehmen länger treu bleiben. Psychischer Arbeitsschutz ist in Deutschland ein Thema, das aufgrund steigender psychischer Belastungen und Krankheitsausfälle nicht mehr ignoriert werden kann. Unternehmen müssen proaktiv handeln und geeignete Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit ihrer Beschäftigten ergreifen. Nur so kann langfristig sichergestellt werden, dass die Belegschaft gesund und leistungsfähig bleibt.

Quellen: 

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