Corporate Benefits: Warum sie für die mentale Gesundheit im Unternehmen nicht ausreichen können

Lea Stupan
Oct 2024

Die Frage, ob Corporate Benefits ausreichen, um die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern, lässt sich nicht einfach beantworten. Corporate Benefits bieten zwar kurzfristige Erleichterung und können dazu beitragen, Stress abzubauen, doch sie setzen oft nur an der Oberfläche an. Statt die tieferliegenden Ursachen psychischer Belastungen zu bekämpfen, behandeln sie häufig nur die Symptome. Der Index Gute Arbeit 2023, der in Zusammenarbeit zwischen der AOK und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) entstanden ist, verdeutlicht das Problem: 86 % der über 6000 befragten Beschäftigten stehen bei der Arbeit unter erheblichem Zeitdruck, und 65 % berichten von Konflikten mit Kollegen. In einem solchen Umfeld reichen Maßnahmen wie ein Yogakurs nach der Arbeit nicht aus, um den belastenden Arbeitsalltag nachhaltig zu entschärfen. Laut einer Studie der AOK aus dem Jahr 2022 ist ein Anstieg der Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen um 48 % seit 2012 zu verzeichnen. Dies verdeutlicht, dass die gegenwärtigen Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit im Arbeitsumfeld bei weitem nicht ausreichen, um den steigenden Belastungen entgegenzuwirken. Obwohl viele Unternehmen auf diese Entwicklungen mit Wellness-Programmen und flexiblen Arbeitszeiten reagieren, bleiben die zugrunde liegenden Probleme – wie eine hohe Arbeitsbelastung und mangelnde Wertschätzung – oft unangetastet.

Es braucht einen Strukturwandel 

Das liegt mitunter daran, dass Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Unternehmen häufig zu isoliert betrachtet und nicht in die Unternehmenskultur eingebettet werden (World Economic Forum, 2024). Unternehmen bieten zwar gelegentlich Gesundheitsprogramme an, doch diese Maßnahmen bleiben wirkungslos, wenn das tägliche Arbeitsumfeld von einem Mangel an Wertschätzung, offener Kommunikation und Unterstützung geprägt ist. Hier zeigt sich eine Verbindung zu einem tieferliegenden Problem: Corporate Benefits allein sind nicht genug, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Sie müssen Teil einer umfassenden Kultur sein, die das Wohlbefinden der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt. Nur wenn mentale Gesundheit als fester Bestandteil der Unternehmenskultur betrachtet wird, können Programme wie Yoga oder Achtsamkeitstraining tatsächlich greifen (McKinsey, 2022). Andernfalls droht die Gefahr, dass diese Maßnahmen wie kosmetische Korrekturen wirken und nur die Symptome, aber nicht die Ursachen von Stress und Überlastung angehen.

Dieser Mangel an einer tragfähigen Unternehmenskultur führt außerdem häufig dazu, dass psychische Gesundheitsprobleme weiterhin stigmatisiert werden. Laut dem Aktionsbündnis Seelische Gesundheit (2016) gelten psychische Erkrankungen in vielen Betrieben immer noch als Tabuthema. Diese Stigmatisierung verdeutlicht, warum viele Mitarbeitende Beratungs- oder Coaching-Angebote nicht in Anspruch nehmen. Hier schließt sich der Kreis zur fehlenden kulturellen Einbettung von Corporate Benefits: Selbst wenn Unternehmen Angebote zur Förderung der mentalen Gesundheit schaffen, nutzen viele Mitarbeitende diese nicht aus Angst vor negativen Konsequenzen oder dem Verlust von Ansehen. Das zeigt, wie eng die Unternehmenskultur und die Wirksamkeit von Gesundheitsmaßnahmen miteinander verknüpft sind. Ohne eine offene und unterstützende Kultur, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, ihre Probleme und Herausforderungen anzusprechen, bleiben selbst die besten Corporate Benefits wirkungslos.

Um das zu ändern, ist ein tiefgreifender Wandel in den Unternehmen notwendig, der über isolierte Maßnahmen hinausgeht. Mentale Gesundheit muss in allen Bereichen des Unternehmens verankert und zu einem zentralen Thema gemacht werden. Dieser Wandel erfordert insbesondere Veränderungen in der Führung und Kommunikation (McKinsey, 2022). Führungskräfte müssen nicht nur lernen, die Zeichen von Überlastung frühzeitig zu erkennen, sondern auch proaktiv ein unterstützendes Umfeld schaffen. Nur so kann ein Raum entstehen, in dem Mitarbeitende sich wertgeschätzt und gehört fühlen. Diese Veränderung in der Führung ist entscheidend, da sie die Grundlage für eine Kultur der Offenheit und des Respekts legt, ohne die Corporate Benefits nicht den gewünschten Effekt haben können. Sie prägen maßgeblich die Unternehmenskultur und beeinflussen, ob psychische Gesundheit am Arbeitsplatz gefördert oder verhindert wird. Führungskräfte, die sich der Bedeutung mentaler Gesundheit bewusst sind und als Vorbilder agieren, können entscheidend dazu beitragen, das Stigma um psychische Erkrankungen abzubauen. Wenn sie offen mit ihren eigenen Herausforderungen umgehen und zeigen, dass es in Ordnung ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen, senden sie ein starkes Signal an die Mitarbeitenden. Dies erleichtert es den Mitarbeitenden, selbst offen über ihre eigenen Probleme zu sprechen und verfügbare Unterstützungsangebote zu nutzen. Regelmäßige Schulungen für Führungskräfte zur Erkennung von Überlastung und Stress bei den Mitarbeitenden sind dabei unverzichtbar und unterstreichen den Wert eines integrierten Ansatzes zur Förderung der mentalen Gesundheit.

Neben der kulturellen Veränderung dürfen die Arbeitsbedingungen selbst nicht außer Acht gelassen werden. Es ist unwirksam, Wellness-Angebote oder flexible Arbeitszeiten einzuführen, wenn die zugrunde liegenden Arbeitsstrukturen unverändert bleiben. Realistische Arbeitslasten, klare Verantwortlichkeiten und ausreichende Ressourcen sind essenzielle Voraussetzungen, um Überlastung zu vermeiden. Hier zeigt sich erneut die Notwendigkeit eines integrierten Ansatzes: Corporate Benefits können keine langfristige Wirkung entfalten, wenn die grundlegenden Arbeitsbedingungen weiterhin Druck und Stress verursachen. Überlange Arbeitszeiten und ständiger Zeitdruck führen unweigerlich zu Burnout, der nicht durch kurzfristige Entspannungsmaßnahmen aufgefangen werden kann. 

Daneben ist auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, besonders angesichts der zunehmenden Vermischung von Arbeit und Freizeit durch moderne Technologien (Nam et al., 2013), ein zentrales Thema, wenn es um die Förderung der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz geht. Diese „Always-On“-Kultur, die durch Smartphones und ständige Verfügbarkeit verstärkt wird, kann zu einem erhöhten Stresslevel und einer Verwischung der Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit führen. Es ist daher unerlässlich, dass Unternehmen klare Richtlinien schaffen, die sicherstellen, dass flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten nicht in eine ständige Erreichbarkeit münden. Studien belegen, dass die ständige Verfügbarkeit durch digitale Technologien die mentale Gesundheit beeinträchtigen kann, indem sie die Möglichkeit zur Erholung und zum Abschalten einschränkt (Nam et al., 2013). Unternehmen müssen daher Maßnahmen ergreifen, um diese Belastungen zu mindern, beispielsweise durch das Festlegen von „technikfreien“ Zeiten oder klaren Arbeitszeitgrenzen. Zudem ist es entscheidend, dass Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten und Erwartungen klar kommunizieren, um Überlastung zu vermeiden.

So gelingt die Förderung der mentalen Gesundheit im Unternehmen

Corporate Benefits können ein wertvoller Baustein sein, um das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern. Doch sie sind kein Allheilmittel. Unternehmen, die sich allein auf diese Benefits verlassen, ohne tiefgreifende strukturelle und kulturelle Veränderungen vorzunehmen, werden kaum in der Lage sein, die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden nachhaltig zu verbessern. Es braucht einen umfassenden Ansatz, der die Ursachen von Stress und Überlastung angeht und die mentale Gesundheit zu einem zentralen Bestandteil der Unternehmenskultur macht. Dies beinhaltet unter anderem realistische Arbeitsanforderungen, ein unterstützendes Führungsverhalten und eine offene Kommunikationskultur. Nur so können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden nicht nur kurzfristig entlastet, sondern langfristig gesund und leistungsfähig bleiben.

Quellen:

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