Gesunde Grenzen, gesunde Mitarbeitende: Wie deutsche Unternehmen die Work-Life-Balance fördern können

Tim Kleber
Oct 2024

Ursachen und Folgen des Work-Life-Blendings

Eine der Hauptursachen für die Verwischung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit (bekannt als Work-Life-Blending) ist die technologische Entwicklung. Smartphones, Laptops und mobile Internetverbindungen ermöglichen es uns, jederzeit und von überall aus zu arbeiten. Dies führt oft dazu, dass wir nicht klar zwischen beruflicher und privater Zeit trennen. Viele Menschen finden sich abends noch vor dem Laptop wieder, um eine letzte E-Mail zu beantworten, oder nutzen das Wochenende, um liegengebliebene Aufgaben zu erledigen. Diese dauerhafte Erreichbarkeit und das ständige Arbeiten in der „Freizeit“ erzeugen jedoch unbewusst einen permanenten Stresszustand.

Längerfristig können diese Belastungen zu psychischen Erkrankungen wie Burnout, Angstzuständen oder Depressionen führen. Die ständige Anspannung, die Unfähigkeit, sich zu erholen, und das Gefühl, niemals wirklich abzuschalten, schwächen das psychische Wohlbefinden und führen zu einer dauerhaften Erschöpfung. Eine Studie der Techniker Krankenkasse zeigt, dass psychische Erkrankungen in den letzten Jahren stetig zugenommen haben – insbesondere Burnout wird immer häufiger diagnostiziert (TK, 2022). Unternehmen stehen daher in der Verantwortung, ihre Mitarbeitenden vor diesen gesundheitlichen Risiken zu schützen und Maßnahmen zur Förderung einer besseren Work-Life-Balance zu ergreifen.

Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-Balance

Um den negativen Auswirkungen der Entgrenzung von Arbeit und Freizeit entgegenzuwirken, können Unternehmen verschiedene Maßnahmen ergreifen. Zu den wichtigsten gehören flexible Arbeitszeitmodelle, klare Kommunikationsrichtlinien sowie Programme zur Förderung der mentalen und physischen Gesundheit.

Flexible Arbeitsmodelle und Homeoffice

Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sind entscheidende Instrumente, um den Mitarbeitenden mehr Kontrolle über ihre Zeit zu geben. Diese Flexibilität ermöglicht es den Mitarbeitenden, ihre Arbeitszeiten besser an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Wer beispielsweise kleine Kinder hat oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmert (auch Care-Arbeit, oder Sorgearbeit, genannt), profitiert enorm von flexiblen Arbeitszeiten und der Option, von zu Hause aus zu arbeiten.

Allerdings kann auch die Flexibilität ihre Schattenseiten haben, wenn sie nicht richtig umgesetzt wird. Mitarbeitende könnten das Gefühl haben, immer erreichbar sein zu müssen, und so entstehen verschwommene Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Unternehmen sollten daher klare Regeln aufstellen, wann Mitarbeitende erreichbar sein müssen und wann sie wirklich „Feierabend“ haben. Dies schafft nicht nur Klarheit, sondern nimmt auch den Druck, ständig präsent sein zu müssen.

Gesundheitsprogramme und Stressmanagement

Ein weiterer zentraler Baustein zur Förderung der Work-Life-Balance sind betriebliche Gesundheitsprogramme. Diese können verschiedene Formen annehmen, wie zum Beispiel Sportangebote, Yoga- oder Meditationskurse sowie Stressmanagement-Workshops. Solche Angebote helfen den Mitarbeitenden, Stress besser zu bewältigen und für ihre eigene mentale Gesundheit zu sorgen. Studien zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität nicht nur die physische Gesundheit verbessert, sondern auch stressreduzierend wirkt und das allgemeine Wohlbefinden steigert (DGUV, 2020).

Zusätzlich können regelmäßige mentale Gesundheitschecks angeboten werden, um frühzeitig Anzeichen von Überlastung zu erkennen. Durch den Einsatz von spezialisierten Coaches oder Psychologen können Mitarbeitende unterstützt werden, ihre individuellen Stressauslöser zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um diesen entgegenzuwirken.

Klare Kommunikations- und Erreichbarkeitsregeln

Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Etablierung von klaren Kommunikationsregeln. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren erkannt, dass die ständige Erreichbarkeit ihrer Mitarbeitenden ein Risiko darstellt. Eine einfache, aber effektive Maßnahme ist die Definition von Zeiten, in denen Mitarbeitende nicht erreichbar sein müssen – zum Beispiel nach Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub. Diese „Right to Disconnect“-Politik, wie sie in einigen Ländern wie Frankreich bereits gesetzlich verankert ist, gibt den Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihre Freizeit wirklich zur Erholung zu nutzen.

Darüber hinaus sollten Führungskräfte darauf achten, wie und wann sie kommunizieren. Wenn Vorgesetzte abends oder am Wochenende E-Mails versenden, setzen sie oft unbewusst ihre Mitarbeitenden unter Druck, ebenfalls außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu arbeiten. Durch Vorbildverhalten können Führungskräfte signalisieren, dass das Einhalten von Pausen und Feierabenden gewünscht und respektiert wird.

Vorteile für Unternehmen: Mehr als nur zufriedene Mitarbeitende

Die Förderung der Work-Life-Balance und die Vermeidung von psychischer Überlastung bringen nicht nur Vorteile für die Mitarbeitenden, sondern wirken sich auch positiv auf das Unternehmen aus. Unternehmen, die in das Wohl ihrer Belegschaft investieren, profitieren von einer höheren Produktivität und einer geringeren Fluktuation. Zufriedene Mitarbeitende sind motivierter und weniger anfällig für Krankheitstage.

Sie identifizieren sich stärker mit ihrem Arbeitgeber und sind loyaler, was langfristig zu einer höheren Mitarbeiterbindung führt. Eine Umfrage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt, dass Unternehmen, die aktiv auf eine ausgewogene Work-Life-Balance achten, erfolgreicher sind und im Vergleich zu anderen Firmen eine geringere Fluktuationsrate aufweisen (BFSFJ, 2019). Mitarbeitende fühlen sich wertgeschätzt und unterstützt, was zu einer gesteigerten Arbeitsmoral und einer höheren Innovationskraft führt.

Der Weg zu einer nachhaltigen Work-Life-Balance

Die Schaffung einer nachhaltigen Work-Life-Balance ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der regelmäßige Anpassungen erfordert. Unternehmen müssen bereit sein, auf die sich verändernden Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einzugehen und ihre Maßnahmen immer wieder zu hinterfragen und zu optimieren. Dabei sollten sie sowohl die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden als auch die betrieblichen Anforderungen berücksichtigen. Feedback-Schleifen und regelmäßige Befragungen der Mitarbeitenden können dabei helfen, Verbesserungspotenzial zu erkennen und Maßnahmen anzupassen. Auf diese Weise können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Bemühungen um eine bessere Work-Life-Balance langfristig wirksam sind.

Work-Life-Balance als Erfolgsfaktor

Die Verwischung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit stellt eine der größten Herausforderungen der modernen Arbeitswelt dar. Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden aktiv dabei unterstützen, eine gesunde Balance zwischen Beruf und Privatleben zu finden, leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Wohlbefinden ihrer Belegschaft, sondern steigern auch ihre eigene Leistungsfähigkeit und Attraktivität als Arbeitgeber.

Durch flexible Arbeitsmodelle, klare Kommunikationsregeln und Programme zur Gesundheitsförderung schaffen sie eine Arbeitsumgebung, die sowohl die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden schützt als auch deren Produktivität steigert. Letztlich profitieren von einer guten Work-Life-Balance beide Seiten: Die Mitarbeitenden können ihre Freizeit genießen und sich besser erholen, während die Unternehmen langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig bleiben.

Quellen:

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